EnergieBilanz der Legislatur 2017-2022

Wir befinden uns in einer schwierigen Zeit, in der die Bewältigung immer neuer Krisen unsere volle Aufmerksamkeit und eine mutige und verantwortungsbewusste Politik verlangt: Immer dramatischere Berichte des Weltklimarates, die Corona-Pandemie, die Hochwasserkatastrophe im Juli 2021, der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine. Klimaschutz und Energiewende sind Aufgaben von höchster Dringlichkeit. Statt wichtige Beschlüsse wie den Atom- und Kohleausstieg vorschnell infrage zu stellen, muss die Konsequenz mehr Tempo beim Ausbau der Erneuerbaren Energien, der Wärme- und Verkehrswende sein.

Wir haben als GRÜNE Landtagsfraktion mit der Vorlage einer umfassenden Machbarkeitsstudie im vergangenen Jahr aufgezeigt, wie NRW bis 2040 zu einem klimaneutralen Industrieland werden kann. Ich werde weiterhin eine Politik machen, die konsequent auf die Erreichung dieses Ziel ausgerichtet ist. Das Klima braucht eine starke Stimme – im Parlament und in der Regierung.

Hier ziehe ich energiepolitische Bilanz über fünf Jahre schwarz-gelbe Regierungszeit und eine starke Grüne Oppositionsarbeit. 274 Kleine Anfragen, 34 Anträge, 4 Große Anfragen, 11 Veranstaltungen im Landtag, eine Veranstaltung im Rheinischen Revier, 19 Webinare und 3 Online-Kongresse: Das ist ein kleiner Zahlen-Einblick in meine persönliche Bilanz der vergangenen fünf Jahre. Mehr gibt's hier:

Inhaltsverzeichnis

Der 1,5 Grad-Pfad – Unser Weg für NRW

Windenergie – Schwarz-Gelb und der Kampf gegen die Windmühlen

Das ungenutzte Potenzial auf den Dächern NRWs

Das Ringen um einen Kohleausstieg im Einklang mit den Klimazielen

Hambacher Wald – Symbol des Kampfes für wirksamen Klimaschutz

Ende des aktiven Steinkohlenbergbaus – Doch die Folgen bleiben für immer

Trotz Atomausstieg – Die Atomkraft bleibt eine große Bürde für NRW

Der 1,5 Grad-Pfad – Unser Weg für NRW

Die Folgen der Klimakrise haben sich in dieser Legislaturperiode auch in NRW schonungslos gezeigt. Zwei Dürresommer in Folge mit daraus folgenden Waldbränden und ein Jahrhunderthochwasser haben uns gezeigt, dass die Klimakrise auch in NRW die Lebensgrundlagen und den Wohlstand gefährdet. Und doch lässt sich für die Regierungsarbeit von Schwarz-Gelb nur eine Bilanz der Versäumnisse ziehen.

So wurden Vorgaben des Klimaschutzgesetzes der rot-grünen Landesregierung von 2013 ignoriert, indem der Klimaschutzplan weder umgesetzt noch fortgeschrieben wurde. Die Ziele im novellierten Klimaschutzgesetz sind viel zu niedrig gesteckt und es mangelt an Leitplanken zur Einhaltung der Vorgaben. Da passt es ins Bild, dass die Landesregierung die in über 30 Jahren etablierte EnergieAgentur.NRW durch eine neue Landesgesellschaft ersetzte, ohne den Verlust von Netzwerkstrukturen und Kompetenzen zu verhindern. Dies ist genau das Gegenteil von dem, was wir für die Energiewende brauchen.

Aus unserer Großen Anfrage „Kommunaler Klimaschutz in NRW: Erneuerbare Energien für Strom und Wärme in NRW-Städten und Gemeinden“ ging hervor, dass nur ein kleiner Teil der Potenziale für klimaneutrale Energieerzeugung bisher genutzt wird, der Anteil Erneuerbarer Energien am Gesamtstromverbrauch stieg unter Schwarz-Gelb nur schleichend. Deshalb forderten wir in einem Entschließungsantrag zur Unterstützung der Kommunen mehr Geld für kommunalen Klimaschutz, besseres Monitoring, mehr Evaluation und aktuelle Potenzialstudien. Schon einige Monate zuvor hatten wir u.a. ein umfangreiches Investitionsprogramm für kommunalen Klimaschutzschutz („GutesKlima2030“) in einem Antrag gefordert.

Da die Landesregierung ihre Hausaufgaben nicht erledigte, gaben wir stattdessen als GRÜNE Fraktion die Studie „Wie kann NRW auf den 1,5 Grad-Pfad kommen?“ in Auftrag.

Das Ergebnis zeichnete auf 400 Seiten ein Gesamtbild der technisch machbaren Klimaschutzpotenziale in NRW. Und das Ergebnis motiviert: Es ist möglich, NRW bis 2040 klimaneutral zu machen. Doch dafür ist es notwendig, den Ausbau der Erneuerbaren Energien endlich konsequent voran zu treiben und nicht wie die Landesregierung zu sabotieren. Statt mutwillige Ignoranz beim Kohleausstieg schlugen wir beispielsweise mit dem Antrag „Klimakrise: Die Landesregierung muss ihre Ziele nachschärfen, Maßnahmen ergreifen und Klimavorbehalt einführen“ einen Klimavorbehalt für Landesgesetze vor. Auch haben wir früh eine sozial gerechte CO2-Bepreisung gefordert, die klimaschädliches Verhalten teurer macht und soziale Auswirkungen im Blick hat.

Für das Industrieland NRW ist der Aufbau der Wasserstoffwirtschaft von zentraler Bedeutung. Mit unserem Antrag „Wasserstoffwirtschaft konsequent am Klimaschutz ausrichten!“ haben wir gefordert, dass auch hier der Klimaschutz im Mittelpunkt stehen muss, also nur grüner Wasserstoff aus Erneuerbarem Strom hergestellt und genutzt werden sollte.

Im Laufe der Legislaturperiode organisierten wir diverse Online Veranstaltungen. Neben vielen kürzeren Abendveranstaltungen fand zum Beispiel im Februar 2021 die Veranstaltung „Klimaschützerinnen* vereinigt euch!“ statt, auf der wir das Thema aus einer weiblichen Perspektive beleuchteten. Ganz nach dem Motto „Climate change is a man-made problem – with a feminist solution!“. Denn in den entscheidenden Bereichen der Klimaschutzpolitik sind Frauen nach wie vor unterrepräsentiert.

Auf dem großen Klimakongress im November 2021 stellten wir unsere Machbarkeitsstudie vor und luden Gäste aus Zivilgesellschaft, Gewerkschaften, der Wirtschaft und der Wissenschaft ein, mit denen wir die Ergebnisse der Studie diskutierten. Der Erfolg hat unsere Überzeugung bestärkt: NRW kann und muss beim Klimaschutz noch viel mehr leisten.

Windenergie – Schwarz-Gelb und der Kampf gegen die Windmühlen

Schon mit dem Beginn der Legislaturperiode hatten CDU und FDP der Windenergie mit ihrem Koalitionsvertrag den ideologischen Kampf angesagt. So sah der Koalitionsvertrag schon mehrere Maßnahmen vor, die die Windenergie ausbremsen würden. Und die Politik von Schwarz-Gelb zeigte ihre Wirkung: Seit dem Rekordjahr 2017 ist der Zubau von Windenergieanlagen massiv eingebrochen. Er lag in den Jahren 2018 bis 2021 im Mittel bei etwa 300 Megawatt und damit um zwei Drittel unter dem Zubau von ca. 900 Megawatt im Jahr 2017. Mit rechtlich fragwürdigen Verrenkungen versuchte Schwarz-Gelb ihr Versprechen einzulösen, einen Abstand von 1.500-Metern von Windenergieanlagen zu Wohnbebauung zu verankern. 2021 führte die Landesregierung dann schließlich einen Mindestabstand von 1.000 Metern von Windenergieanlagen zu fast jeder Wohnbebauung ein, wodurch die potentiellen Flächen so weit eingeschränkt werden, dass die Erreichung der Klimaziele so kaum noch möglich ist. Selbst die eigenen Ziele kann die Landesregierung so nicht erreichen. Den Mindestabstand kritisieren wir deshalb vehement. Entgegen der Behauptung, Mindestabstände würden die Akzeptanz der Bürger*innen erhöhen, fehlt für diesen Zusammenhang bislang jeglicher Beweis. Stattdessen fordern wir wie auch schon in unserem Antrag „Landesregierung muss Windenergieausbau durch echte Akzeptanzinitiative ermöglichen“, Bürgerenergieprojekte zu unterstützen und klare Regelungen im Genehmigungsverfahren festzuschreiben, da somit die Akzeptanz von Windenergie wirklich unterstützt wird.

Bislang ist das theoretische Potenzial für Windenergie in NRW nur zu einem Bruchteil ausgeschöpft. CDU und FDP versuchen immer wieder, mit dem Verweis auf andere Bundesländer, die noch schlechter da stehen, von der desaströsen Politik von Schwarz-Gelb abzulenken. Denn von einem Zubau, der mit der Erreichung der Klimaziele vereinbar wäre, sind wir derzeit meilenweit weit entfernt.

Im Dezember 2021 veranstaltete ich ein Fachgespräch zum Windenergieausbau mit der Frage, welche Maßnahmen wir aus dem Landtag anstoßen können, um mehr Schwung in den Windenergieausbau zu bringen. Dabei erörterten wir mit Expert*innen die verschiedenen Fragen der Verfügbarkeit von Flächen, der Planungs- und Genehmigungsverfahren, der Rechtssicherheit, des Artenschutzes und der Beteiligung und Akzeptanz vor Ort. Diese Anregungen sind in einen umfassenden Antrag zum Windenergieausbau eingeflossen.

Der aktuelle Krieg durch Russland in der Ukraine zeigt uns, dass wir einen schnellstmöglichen Ausbau der Windenergie nicht nur brauchen, um die Klimaziele zu erreichen, sondern auch um uns so schnell wie möglich unabhängig zu machen von Kohle, Öl und Gas aus Russland. Doch selbst im Angesicht des Krieges in der Ukraine ist Schwarz-Gelb nicht bereit, die Energiepolitik zu überdenken. Unseren gemeinsam mit der SPD eingebrachten Gesetzentwurf zur Abschaffung der pauschalen 1.000 Meter-Mindestabstände wurde von CDU und FDP abgelehnt. Für uns ist es klarer denn je, dass die Energiewende deutlich beschleunigt werden muss.

Das ungenutzte Potenzial auf den Dächern NRWs

Photovoltaik ist neben der Windenergie die wichtigste Säule einer klimaneutralen Stromversorgung. Aber ähnlich wie beim Ausbau der Windenergie betreibt die derzeitige Landesregierung bei der Solarenergie eher eine Verhinderungs- als eine Entfesselungspolitik. Zwar stiegen die Zubauzahlen, wie in ganz Deutschland, zuletzt wieder an. Aber damit werden bei Weitem nicht die Potenziale genutzt, die das dicht besiedelte Flächenland hat. Ein Ergebnis des ersten landesweiten Solardachkatasters des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) zeigt, dass auf den 11 Millionen Dächern NRWs enormes Potenzial schlummert. Während 2019 lediglich 4,8 TWh von ca. 282.000 Photovoltaikanlagen erzeugt werden konnten, könnten prinzipiell jährlich 68 TWh produziert werden. Damit könnte fast die Hälfte des aktuellen Strombedarfs von NRW gedeckt werden – dezentral und verbrauchernah und ganz ohne zusätzlichen Flächenverbrauch. Auf Freiflächen könnten laut einer Potenzialstudie des LANUV nochmal 34 TWh produziert werden.

Zwar stellt Energieminister Pinkwart die Photovoltaik gerne als Alternative zur von ihm verhassten Windenergie dar – immerhin ist die Akzeptanz für Solarenergie in der Bevölkerung größer. Diese Ansicht spiegelt sich indes in Änderungen des Landesentwicklungsplans (LEP) nicht wider, die CDU und FDP 2019 vornahmen. So wurden dabei PV-Anlagen auf Halden und Deponien sogar erschwert, während eine Erleichterung beispielsweise auf Randstreifen von Bahnlinien und Fernstraßen ausbleibt. Kein Wunder, dass das von der Landesregierung 2019 angekündigte Vermarktungs-Konzept für Freiflächen-PV auf Randstreifen von Autobahnen und Schienen bis heute nicht vorgelegt wurde, wie die Antwort auf eine Kleine Anfrage zeigt. Das Ergebnis ist ein Zubau in diesem Segment im Jahr 2020 von nur 26 Anlagen mit beschämenden 20 Megawatt Leistung, das reicht gerade einmal um den Stromverbrauch von etwa 6.000 Haushalten zu decken. So wird die Landesregierung nicht nur ihre Ausbauziele bei den Erneuerbaren Energien verfehlen, sondern auch ihre Klimaziele.

Dabei wäre der Ausbau der Solarenergie so einfach – nicht nur in der Nähe von Schienen und Autobahnen, sondern auch auf den Gebäuden des Landes. Hier könnten öffentliche Einrichtungen eine Vorbildfunktion für den Klimaschutz ausüben. Hochschulen, Universitätskliniken und Studierendenwerke umfassen zahlreiche Gebäude und Flächen an vielen Standorten in Nordrhein-Westfalen. Wenn das Photovoltaik-Potenzial der Dächer und anderer Flächen genutzt wird, ist dies ein wichtiger Beitrag zum notwendigen Photovoltaikausbau für ein klimaneutrales Nordrhein-Westfalen. Doch eine 2016 von Rot-Grün in Auftrag gegebene Potenzialstudie wird bis heute unter Verschluss gehalten. Und die Antwort auf eine Kleine Anfrage bestätigt: Der Landesregierung fehlt ein Konzept für den schnellen Ausbau von Erneuerbaren Energien. Wenn der landeseigene Bau- und Liegenschaftsbetrieb erst prüft, ob sich eine Solaranlage auf einem Gebäude lohnt, wenn es saniert oder erweitert wird, dann vollzieht sich die Energiewende auf öffentlichen Gebäuden im Schneckentempo. Dabei bieten gerade öffentliche Gebäuden in NRW die Möglichkeit, den Energiewende-Turbo einzuschalten.

Um dieser Verhinderungspolitik etwas entgegen zu setzen, haben wir ein Konzept für eine landesweite Solarpflicht für NRW vorgelegt, wie sie in anderen Bundesländern in den letzten Jahren erfolgreich eingeführt wurde. In einem Entschließungsantrag und einem Positionspapier fordern wir, dass PV-Anlagen auf allen geeigneten Neubauten und perspektivisch auf geeigneten Bestandsbauten sowie auf Parkplätzen verpflichtend installiert werden müssen: Mit fairen Ausnahmeregeln und flexiblen Umsetzungsoptionen, wie der Möglichkeit geeignete Dächer zu verpachten. Für uns ist zudem selbstverständlich, dass soziale Härten vermieden werden müssen und Mieter*innen genauso wie Einfamilienhausbesitzer*innen von günstiger Solarenergie profitieren müssen. Es muss sichergestellt werden, dass Investitionen in Photovoltaikanlagen nicht über die Betriebskostenabrechnung auf die Mieter*innen umgelegt werden dürfen. Das von uns in Auftrag gegebene juristische Gutachten kommt zu dem Schluss, dass eine auf Landesebene verankerte Solarpflicht, wie Baden-Württemberg und Hamburg sie bereits eingeführt haben, auch in NRW möglich ist. Die derzeitige Landesregierung möchte davon nichts hören. Daher ist es gut, dass einige Kommunen mutig voran gehen und auf Basis des Gutachtens eine Solarpflicht in ihrem Einflussgebiet einführen.

Zur weiteren Förderung von Freiflächenphotovoltaik braucht es aus grüner Sicht einen Erlass der Landesregierung, der klarstellt, wie in der Regional- und kommunalen Bauleitplanung oder im Einflussbereich nachgeordneter Behörden wie Straßen.NRW Freiflächenanlagen ermöglicht werden sollen. Denn häufig scheitern die Projekte nicht allein an der Wirtschaftlichkeit, sondern an fehlender Unterstützung der Planungs- und Genehmigungsbehörden.

Das Ringen um einen Kohleausstieg im Einklang mit den Klimazielen

Am 16. Januar 2020 geschah, was nur wenige Jahre zuvor undenkbar erschien: Die betroffenen Bundesländer stimmten einem Ausstiegsfahrplan zum Kohleausstieg zu. Doch obwohl der damalige Ministerpräsident Armin Laschet stets betont hatte, er werde sich genau an die mühsam verhandelten Empfehlungen der Kohle-Kommission halten, weicht die Bund-Länder Vereinbarung von jenem Kompromiss ab. Datteln IV sollte nun doch ans Netz gehen und der Ausbau der Erneuerbaren Energien wurde nicht, wie von der Kommission gefordert, gleichzeitig beschleunigt. Kritik daran formulierten wir u.a. in dem Entschließungsantrag „Bund-Länder-Einigung gefährdet Pariser Klimaschutzziele und gesamtgesellschaftlichen Zusammenhalt.“ Das Kapitel Datteln IV ist noch nicht beendet. Im August 2021 wurde der Bebauungsplan für das Kraftwerk für ungültig erklärt. Weitere Klagen sind noch anhängig und könnten die Betriebsgenehmigung für ungültig erklären.

Durch das Ergebnis der Kohlekommission 2019 sowie die darauf folgenden Kohleausstiegsgesetze auf Bundesebene wurde eine neue Leitentscheidung für den Kohleabbau fällig, die die Landesregierung im März 2021 beschloss. In 14 Entscheidungssätzen werden Vorgaben zum Strukturwandel, den drei Tagebauen, den Fragen des Wassermanagements und den Umsiedlungen umfasst. Wir kritisierten von Beginn an, dass es für die gesamte Leitentscheidung keine belastbare Grundlage gibt, da die Landesregierung kein unabhängiges Gutachten vorlegte, wie viel Braunkohle tatsächlich energiewirtschaftlich notwendig und klimapolitisch zulässig wäre. Es mangelte an klaren Entscheidungen und Formulierungen. So sollen beispielsweise die bedrohten Dörfer bis 2026 verschont bleiben, die Umsiedlungen sollen 2028 aber abgeschlossen sein. Die Situation des Hambacher Waldes ist ebenfalls unklar, so wird er auch weiterhin nicht in öffentlichen Besitz übergehen. Während Juristen, Wissenschaftler und die Zivilgesellschaft den Entwurf der Leitentscheidung vor ihrem Beschluss als überholt ansahen, zeigte sich RWE zufrieden. Dementsprechend forderte ich die Landesregierung zu einer Überarbeitung auf, die Klarheit für die Betroffenen schafft und mit den Pariser Klimaschutzzielen vereinbar ist. Es müssen Klimaschutz und Sozialverträglichkeit im Mittelpunkt stehen, nicht die Profitinteressen von RWE.

Nachdem wir Grüne uns jahrelang im Landtag anschreien lassen mussten für unsere Forderung nach einem Kohleausstieg im Einklang mit den Klimazielen, ist eine Genugtuung, dass der Kohleausstieg 2030 seinen Weg in den Koalitionsvertrag auf Bundesebene gefunden hat, ebenso der Erhalt der fünf Dörfer am Tagebau Garzweiler. Eine Aufgabe für die nächste Legislaturperiode wird es sein, dafür zu kämpfen, dass es auf Bundesebene schnellstmöglich Klarheit über einen Kohleausstieg bis 2030 gibt und mit einer angepassten Leitentscheidung endlich Rechtssicherheit für die Dörfer am Tagebau Garzweiler hergestellt wird.

Hambacher Wald – Symbol des Kampfes für wirksamen Klimaschutz

Es ist eine unglaubliche Geschichte von Rechtsbeugung, Widersprüchen und fragwürdigem Regierungshandeln. Wie sich aus den Antworten auf unsere Große Anfrage ergab, suchte vor allem Innenminister Reul im Sommer 2018 fieberhaft nach einem Vorwand, um eine Räumung des Hambacher Waldes zu rechtfertigen. Dahinter wird das Ziel erkennbar, RWE noch vor Abschluss der laufenden Gerichtsverfahren und noch während die Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ um den Kohleausstieg rang, mit der Rodung des Waldes vollendete Tatsachen schaffen zu können. Wir forderten stattdessen RWE zu einem erneuten Rodungsverzicht zu bewegen, um die Kohleausstiegsverhandlungen abwarten zu können. Am Ende fand die Regierung das Baurecht und argumentierte mit mangelndem Brandschutz in den Baumhäusern, um einschreiten zu können.

Die schwarz-gelbe Landesregierung machte sich im Sommer 2018 zum Handlanger eines Unternehmens als sie die NRW-Polizei in den größten und unsinnigsten Polizeieinsatz in der Geschichte NRWs führte. Ein besonders schlechtes Bild gab dabei Armin Laschet ab. Als Ministerpräsident wäre es seine Aufgabe gewesen, im Konflikt zu vermitteln. Alle Appelle von Kirchenvertreter*innen, Verbänden und sogar des Verwaltungsgerichts, den Konflikt politisch zu lösen, verhallten in der Staatskanzlei ungehört. Stattdessen stellte sich der Ministerpräsident auf die Seite des Kohlekonzerns und lehnte jede politische Verantwortung ab. Dass in Berlin parallel die Kohlekommission über den Ausstieg aus der Kohleverstromung verhandelte, interessierte ihn nicht. Erneut musste ein Gericht Laschet stoppen. Das Oberverwaltungsgericht untersagte im Oktober 2018 die Rodung vorläufig. Armin Laschets Politikverweigerung hatte da bereits einer breiten Bürgerbewegung Auftrieb gegeben, auf deren Druck der Erhalt des Hambacher Waldes im Kohleausstieg verankert wurde.

2020 brachten wir einen Antrag ein, in dem wir die Landesregierung dazu aufforderten, den Hambacher Wald sowie die angrenzenden Waldflächen in öffentlichen Besitz zu überführen. Dies ist bis heute nicht erfolgt.

Im September 2021 entschied das Verwaltungsgericht Köln, dass die Weisung zur Räumung des Hambacher Waldes rechtswidrig war. Anfang April 2022 ließ das Oberverwaltungsgericht Münster die Revision zu, eine Entscheidung dürfte kaum mehr in diesem Jahr getroffen werden. Unabhängig vom Ausgang des Verfahrens zeigt sich in den Vorgängen rund um die Räumung des Hambacher Waldes ein verstörendes Regierungsverständnis von CDU und FDP. Die Interessen eines Konzerns werden durchgedrückt, auch wenn geltende Gesetz dagegen stehen.

Ende des aktiven Steinkohlenbergbaus – Doch die Folgen bleiben für immer

NRW ist ein Bergbauland. Über Jahrhunderte wurde hier Bergbau betrieben. Viele Stollen und Schächte sind längst in Vergessenheit geraten und bergen unkalkulierbare Risiken, andere werden von ehemaligen Bergbautreibenden nach und nach saniert, um Gefahren abzuwenden. Zu Beginn der Legislaturperiode stellten wir hierzu eine Große Anfrage „Gefährdungen durch Altbergbau“. Die Ergebnisse waren schockierend: Die Hälfte der NRW-Kommunen sind von den Hinterlassenschaften des Bergbaus berührt, potenzielle Gefahren sind nur unzureichend bekannt. Ein Rechtsgutachten im Auftrag der Landesregierung ergab diverse Regelungsdefizite und empfahl ein neues Gesetz zur besseren Gefahrenabwehr. Doch bis zum Ende der Legislaturperiode konnte die Landesregierung noch nicht einmal Eckpunkte vorlegen.

Auch wenn die letzten Tonnen Steinkohle gefördert wurden: Abgeschlossen werden kann das Kapitel Steinkohlebergau niemals. Warum das so ist, steht in meinem FAQ.

Beim Prozess des Grubenwasseranstiegs im Ruhrgebiet geht es darum, die Belastungen und Gefahren für die Umwelt, insbesondere für die Trinkwasserversorgung und die Oberflächengewässer konsequent zu minimieren. Das integrale Monitoring, in dem alle relevanten Akteure, den Prozess des Grubenwasseranstiegs intensiv begleiten, muss weiterentwickelt werden, damit es seine Ziele noch besser erreichen kann.

Beim Tagebau denken viele vor allem an die Zechen im Ruhrgebiet oder die Braunkohlebagger im Rheinischen Revier. Durch die Hochwasserkatastrophe im Juli 2021 hat aber auch der Kies-Tagebau an Aufmerksamkeit gewonnen. Bei dem Jahrhundertunwetter drang in Erftstadt-Blessem Wasser in einen Tagebau ein und verursachte einen riesigen Erdrutsch. Bis der parlamentarische Untersuchungsausschuss übernahm, versuchten wir im Unterausschuss Bergbausicherheit herauszuarbeiten, wie es dazu kommen konnte. Klar ist für mich schon jetzt: Das Umweltministerium muss eine bessere Aufsicht über die wasserrechtlichen Genehmigungen erhalten und Zuständigkeiten müssen neu geregelt werden.

Trotz Atomausstieg – Die Atomkraft bleibt eine große Bürde für NRW

Der Einsatz für eine schnellstmögliche Stilllegung der Urananreicherungsanlage in Gronau war ein beherrschendes Thema im Bereich Anti-Atompolitik in dieser Legislaturperiode. So war dies die zentrale Forderung in unserem ersten atompolitischen Antrag Ende 2017 und auch drei Jahre später noch in diesem Antrag. Schon 2017 bestätigten zwei Rechtsgutachten des Bundesumweltministeriums: Der Betrieb der Urananreicherungsanlage in Gronau kann rechtssicher beendet werden, Schadensersatzansprüche seitens des Betreibers sind mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtlich nicht durchsetzbar. Doch die Landesregierung weigerte sich beharrlich, mit immer haarsträubenderen Ausreden auf die Bundesregierung einzuwirken, die schnellstmögliche Schließung der Urananreicherungsanlage herbeizuführen.

Seit 2019 nahm die Betreibergesellschaft die Exporte von abgereichertem Uran nach Russland wieder auf. Der Export als Wertstoff ist eine Farce. Tatsächlich wird der Export nach Russland genutzt, um sich günstig dem abgereicherten Uranhexafluorid zu entledigen unter Inkaufnahme von Risiken für die Menschen an den Transportrouten und in der Umgebung der Lagerstandorte in Russland. Eine Praxis, die schon damals skandalös war, ist heute undenkbar. Auf Basis eines Gutachtens der grünen Bundestagsfraktion, dass diese Atommüll-Exporte als einen Verstoß gegen die Sanktionen gegen Russland wegen der Krim-Annexion einstuft, haben wir den sofortigen Stopp dieser Exporte gefordert. Auch die SPD stimmte gegen den Antrag obwohl ihre eigene Bundesumweltministerin sich damals ebenfalls kritisch zu den Exporten äußerte.

Ende 2022 werden in Deutschland die letzten Atomkraftwerke abgeschaltet, doch ein Standort für die Endlagerung des hochradioaktiven Abfalls wird erst lange nach dem Auslaufen der Genehmigungen der Zwischenlager zur Verfügung stehen. Daher haben wir mit unserem Antrag gefordert, ein gemeinsames Signal für eine ergebnisoffene Endlagersuche zu setzen und ein umfassendes Konzept für die Zwischenlagerung zu entwickeln. Schon heute ist klar, dass der Zeitplan zur Inbetriebnahme eines Endlagers bis 2050 nicht zu halten sein wird, also noch länger hochradioaktive Abfälle im gesamten Bundesgebiet zwischengelagert werden müssen.

Am Standort des stillgelegten AKW Würgassen soll ein „Logistikzentrum“ für schwach- und mittelradioaktive Abfälle entstehen, die im bereits genehmigten Endlager Schacht Konrad in Salzgitter laut aktuellen Planungen ab 2027 eingelagert werden sollen. Die Öffentlichkeit wurde von der Standortentscheidung der zuständigen Gesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ) Anfang März 2020 genauso überrascht, wie die Politik vor Ort, im Land und im Bund. Aktuell wird ein Gutachten im Auftrag der Landesregierungen von NRW und Niedersachsen erarbeitet, das klären soll, ob für die Einlagerung in Schacht Konrad überhaupt ein Bereitstellungslager notwendig ist. Mit den Ergebnissen wird im Sommer 2022 gerechnet. Auf Basis der Gutachtenergebnisse werden wir entscheiden, welche weiteren Schritte notwendig sind.

Anfang 2021 haben wir als GRÜNE Landtagsfraktion eine Große Anfrage zur Atomwirtschaft in NRW gestellt. Von der Beantwortung der knapp 200 Fragen erhofften wir uns einen gebündelten, aktuellen Überblick über die Aktivitäten an den Standorten, Atomtransporte, die Atommülllagerung in NRW und weitere Themen. Die Antworten der Landesregierung zeigt, dass viele Fragen zum Umgang mit den strahlenden Hinterlassenschaften in NRW immer noch ungeklärt sind. Der Export von Atommüll nach Russland oder die endlose Hängepartie um die sichere Lagerung der Atomkugeln aus Jülich sind Beispiele für mangelndes Verantwortungsbewusstsein. Die Antwort auf unsere Große Anfrage zeigt auch, dass in NRW weiterhin mit der Atomkraft viel Geld verdient wird, obwohl hier seit 20 Jahren kein Atomkraftwerk mehr am Netz ist. Die Auswertung der Antwort auf die Große Anfrage im Detail und meine Kommentierung dazu findet sich auf meiner Website. Viele der in der Anfrage aufgeworfenen Fragen müssen auch in den nächsten Jahren im Landtag diskutiert werden, auch wenn die anderen Fraktionen versuchen, der Debatte mit dem Verweis zu entgehen, dass diese Fragen in der Verantwortung der Bundesregierung lägen.


Eine Bilanz der Schwarz-Gelben Regierungszeit, die über klima- und energiepolitische Fragen hinaus geht, ist unter dem Titel „NRW kann mehr!“ auf der Homepage der Grünen Landtagsfraktion zu finden.

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